Matthäuspassion - Detmold
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Glauben und Überzeugungen (Aufgabe zum 7.12.)

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Beitrag von Grotjahn Mo Nov 30, 2015 2:39 pm

Was können wir über Bachs Glauben und Überzeugungen wissen? Versuchen Sie sich dieser Frage anzunähern, indem Sie sich mit wissenschaftlicher Literatur (Biografien oder spezielle Bücher bzw. Aufsätze zum Thema) beschäftigen. Welche Aussagen zum Thema finden Sie? Auf welche Quellen sind sie gestützt? Welche Erkenntnismethoden wendet der Autor/die Autorin an? Schreiben Sie ein kleines Statement (Umfang: 5 bis 50 Zeilen).

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Beitrag von Sarah Romberger Di Dez 01, 2015 6:50 pm

Eigentlich gibt es keine eigenen theologischen Äußerungen Bachs - in Briefen oder anderen Handschriften.
Aufgrund seines Berufes und der damaligen Erziehung kann man davon ausgehen, dass Bach die Grundlagen der protestantischen Religion verinnerlicht hatte und immer wieder - in den Gottesdiensten- anwendete. Allerdings besteht Bachs Werk nicht nur aus geistlicher Vokalmusik, sondern auch aus einer großen Anzal weltlicher Vokalwerke und den verscheidensten Instrumentalwerken in verschiedensten Besetzungen.
In seinen geistlichen Werken ist er meistens nicht der Autor der Texte, sondern andere Textdichter. Er vertont die Stücke zwar in einer den Text unterstützenden und ausdeutenden Art und Weise; das heißt aber nicht zwangsläufug, dass er ein tiefgläubuger Mensch war, sondern nur ein guter Komponist.
Auch möchte ich anmerken, dass manche Texte Bachs in geistlichen Vokalwerken sehr zweideutig sind, z.B. aus dem Weihnachts-Oratorium die Altarie "Schlafe mein Liebster" mit dem folgneden Text "Labe die Brust, empfinde die Lust". Man kann diesen Text im weitesten Sinne theologisch deuten, vielleicht war Bach aber auch ein Schelm?
Konrad Küster (Hg) Bach Handbuch, Kassel 1999, S.82-91


Zuletzt von Sarah Romberger am Do Dez 03, 2015 10:56 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet

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Beitrag von sophietaphorn Di Dez 01, 2015 8:21 pm

Bach genoss eine religiöse Erziehung und lebte den Glauben. Daher war es vermutlich Bach's Absicht, durch seine Werke seine Überzeugung, seine Religiösität und seinen Glauben auszudrücken. Fraglich ist dabei, ob er damit sein Publikum von eben diesem persönlichen Glauben überzeugen wollte oder ob er die Musik direkt an Gott adressierte.
Ich beziehe mich hierbei auf "Die Kantaten von Johann Sebastian Bach: Eine Einführung in die Werkgattung" von Günther Zedler und auf "The Aesthetic of Johann Sebastian Bach" von Andre Pirro, wobei selbst die Autoren sich bei diesem Thema nicht sicher sind und daher gewisse Zusammenhänge nur vermuten können.

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Beitrag von Yuki Suzuki Mi Dez 02, 2015 1:53 pm

Meinrad Walter schreibt in seinem Buch "Musik-Sprache des Glaubens"(1), dass es keinesfalls ausreicht, Bach entweder als "Diener am Evangelium"(2)einzuordnen oder - wie entsprechende Gegenmeinungen lauten- Bach als "Selbstverwirklicher", welcher sein Amt lediglich als Lebensgrundlage genutzt hat, abzustempeln. Vielmehr folgt Walter der Strategie des "Sowohl- Als auch"(3). Hierbei stützt er sich nicht nur auf verbale Bekenntnisse, sondern auf das Werk Bachs im Allgemeinen, welche zum einen ein eindeutig religiöses Motiv wie beispielsweise die "Kantoratskompositionen"(4) aufweisen, zum anderen aber auch auf Bachs persönliche Lebenssituation, wie etwa seine "Äußerungen der Unzufriedenheit in Leipzig"(5), die nach Auffassung ders Autors in den Erdmann-Briefen (6) zum Vorschein treten.

(1)vgl. Meinard Walter, Musik-Sprache des Glauben, Zum Geistlichen Vokalwerk Johann Sebastian Bachs, Verlag Josef Knecht, Frankfurt a.M., 1994
(2)vgl. Meinard Walter, Musik-Sprache des Glauben, Zum Geistlichen Vokalwerk Johann Sebastian Bachs, Verlag Josef Knecht, Frankfurt a.M., 1994, S. 40
(3)vgl. Meinard Walter, Musik-Sprache des Glauben, Zum Geistlichen Vokalwerk Johann Sebastian Bachs, Verlag Josef Knecht, Frankfurt a.M., 1994, S. 40
(4)vgl. Meinard Walter, Musik-Sprache des Glauben, Zum Geistlichen Vokalwerk Johann Sebastian Bachs, Verlag Josef Knecht, Frankfurt a.M., 1994, S. 41
(5)vgl. Meinard Walter, Musik-Sprache des Glauben, Zum Geistlichen Vokalwerk Johann Sebastian Bachs, Verlag Josef Knecht, Frankfurt a.M., 1994, S. 43
(6)vgl. Meinard Walter, Musik-Sprache des Glauben, Zum Geistlichen Vokalwerk Johann Sebastian Bachs, Verlag Josef Knecht, Frankfurt a.M., 1994, S. 43

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Beitrag von mknurr Mi Dez 02, 2015 3:19 pm

Die spannende Frage hinter der Frage ist doch: Warum meinen wir überhaupt, dass es einen Zusammenhang zwischen Bachs Glauben und seiner Musik gibt? Nur weil der überwiegende Teil seines Werkes - textlich - religiös gepräg ist, liefert das alleine noch keinen Beweis; Es war ja schließlich auch irgendwo sein Job. Daher habe ich die heutige Fragestellung als Aufhänger dafür genommen, zu suchen, woher dieses Bild von Bach kommt. Ich bin dabei in dem Buch Das Bach-Bild Philipp Spittas von Wolfgang Sandberger fündig geworden (komplette Fundstelle siehe unten). Darin führt Sandberger aus, dass das ursprüngliche Bach-Bild, welches ihn als "den Repräsentanten der evangelischen Kirchenmusik schlecht hin" betrachtet, auf Philipp Spitta zurückzuführen sei. Spitta soll in seinen Reflexionen über die Musik Bachs zu den Schluss gekommen sein, dass alles durch Bachs Glauben hindurch auf Gottes Werk zurückzuführen sei. Diese Idee Spittas führe nach Sandberger dazu, dass das alte Denkmuster von "Frömmigkeit und Glauben" in der traditionellen Bachforschung so stark ethabliert wurde.
Laut Sandberger wandelte sich erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts das von Spitta begründete Bach-Bild durch Musikwissenschaftler wie Hans Besch, Friedrich Blume oder Georg Knepler. Vor allem bei der Entstehung der Neuen Bachausgabe 1950 begann man den Blick auf den Glauben Bachs zu ändern.

Sandberger, Wolfgang, Das Bach-Bild Philipp Spittas, in: Beihefte zum Archiv für Musik-Wissenschaft, Bd. 39, Franz Steiner Verlag, Stuttgart (1997), S. 14-20.

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Beitrag von Achim Pollmann Mi Dez 02, 2015 3:22 pm

Bachs Glauben lässt sich nicht direkt aus seinen Aufzeichnungen ablesen(1). Seine religiöse Erziehung war indessen eng mit der Gottesdienstgestaltung verbunden. Bereits das Eisenacher Gesangbuch aus seiner Kinderzeit bildete die Grundlage für einen Teil des später in Weimar und Köthen zusammengestellten Orgelbüchleins(2). Auch der Schulbesuch in Lüneburg an der angesehenen Michaelisschule war durch den Unterricht in Theologie, Latein etc. geprägt. Dort bestand ein Kontakt zu dem Kantor August Braun, der Bachs Interesse für den Beruf als Kantor geweckt haben könnte (3). Seinen theologischen Sachverstand musste er bei der Prüfung zum Kantor in Leipzig unter Beweis stellen.(4) In seiner umfangreichen Sammlung theologischer Literatur befand sich u.a. die sog. Calov Bibel, die Bach nicht nur las, sondern auch kommentierte. Hier finden wir einige Anmerkungen, die seinen Glauben charakterisieren: "Bey einer andächtigen Musique ist allezeit Gott mit seiner Gnaden Gegenwart"(5). Geprägt haben Bach sicherlich auch Theologen wie z.B. Heinrich Müller oder Paul Gerhardt. Schließlich soll noch auf die "catholische" h-Moll Messe hingewiesen werden, die man als eine Art Glaubensbekenntnis sehen könnte.
In der Literatur wird Bachs fester Glaube immer wieder untermauert: "Bach wagt über menschliches Leiden und Kreuz zu sprechen, weil sie zu Gott führen."6) Dies sei eine von Luther stammende Einsicht. An anderer Stelle heißt es: "Da geht ein Mensch vollständig in seinem biblischen Glauben und in seiner Kunst auf. [...] Das war weder Handwerk noch Ästhetizismus, sondern Credo"7). Bei aller Frömmigkeit scheint es aber doch so zu sein, dass Bach nicht 'missionieren' wollte.8

1 Vgl. Küster, Konrad (Hg.): Bach Handbuch. Kassel 1999 S. 88.
2 Vgl. Küster 1999, S. 86 f.
3 Vgl. Wolff, Christoph:Johann Sebastian Bach. Frankfurt a.M., 2000, S. 57 – 65.
4 Vgl. Küster 1999, S. 86
5 Zitiert nach: Geck, Martin: Bach. Leben und Werk. Hamburg 2000, S. 718. In den Bach-Dokumenten, Bd. I (hrsg. von Werner neumann und Hans-Joachim Schulze, Kassel 1963) findet sich ein Hinweis auf die Quittung der Buchauktion (Nr. 123, S. 199). Die Kommentare sind hier nicht aufgeführt.
6 Geck 2000, S. 722.
7 Ebd., S. 718.
8 Vgl. Blumenberg, Hans: Matthäuspassion. Frankfurt a.M. 5. Aufl. 2015, S. 223.

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Beitrag von Johannes_E Mi Dez 02, 2015 5:14 pm

Ich habe Folgendes bei Martin Geck Bach - Leben und Werk, Rowohlt Verlag, März 2000 auf S. 716 ff. nachgelesen:

"Der lutherische Glaube ist für Bachs Schaffen von eminenter Bedeutung . Theologische Gelehrsamkeit und Frömmigkeit machen kein musikalisches Genie, können es aber leiten."

Davon zeugt, so Geck, das Nachlassverzeichnis von Bachs persönlicher theologischer Bibliothek, das mindestens  81 Bände beinhalte.
Als Quelle hierfür gibt er hierfür die Bachdokumente Bd. 2, S. 494-496  an, sowie eine Veröffentlichung von Robin A. Leaver, Bachs Theologische Bibliothek, Neuhausen-Stuttgart, 1983 an.
Des weiteren schreibt Martin Geck, dass in diesem Nachlass auch eine berühmte, kommentierte Bibel enthalten gewesen sein soll (die "Calov-Bibel"), die allerdings aus dem Besitz der Bachs über viele Umwege und durch viele Hände Jahrhunderte später in die USA gelangt sein soll. Aufgrund der verschiedenen Besitzer ist es wohl sehr schwer, die Kommentare und Eintragungen in dieser Bibel zuzuordnen, allerdings sollen vier Kommentare ganz sicher von J. S. Bach sein; einer davon:

"Bey einer andächtigen Musique ist allezeit Gott mit seiner Gnaden Gegenwart"

Als Quelle für diese Aussage zieht er S. 12 aus Christoph Trautmann, Calovii Schriften. 3 Bände. - aus Johann Sebastian Bachs Nachlass und ihre Bedeutung für das Bild des lutherischen Kantors Bach -, Sonderdruck aus MuK 39, 1969 heran. Für die Aussage über den Besitz der Calov-Bibel verweist er ebenso auf Trautmann, S. 3

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Beitrag von Juri. Do Dez 03, 2015 4:58 pm

Laut Küster können zunächst keine genauen Aussagen über Bachs Beziehung zur Theologie gemacht werden, denn theologische Kenntnisse gehörten zu seiner Zeit zum „allgemeine[n] Bildungsgut“ (Küster, 82). So war es „für einen Klavieristen und Orgelspieler selbstverständlich, Christ zu sein und theologischen Sachverstand zu haben“ (Küster, 82). Ähnliches galt auch für andere Berufe, wie Pädagogen, Buchdrucker, Maler und Musiker (vgl. Küster, 82). Deshalb folgert er, dass man auf Aussagen zurückgreifen müsste, die von Bach selbst getroffen wurden, um seine Perspektive zu kennen. Hier ergibt sich jedoch das Problem, dass es solche Äußerungen von Bach nicht gibt (vgl. Küster, 89). Man könnte zwar von den Texten seiner geistlichen Werke Rückschlüsse auf seine theologischen Überzeugungen schließen, da diese jedoch von anderen geschrieben wurden und Bach nur eine Auswahl getroffen hat, kommt man auch hier an seine Grenzen (Küster, 89).

Quelle: Küster, Konrad (Hrsg.), „Bach Handbuch“, Kassel 1999

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Beitrag von AmelieH Do Dez 03, 2015 7:37 pm

Ich habe in verschiedenen Büchern gestöbert, bin aber bei keinem der Autoren wirklich fündig geworden, was Bachs Bezug zur Religion betrifft. Das liegt vermutlich auch daran, dass wir kaum Aufzeichnungen von Bach selbst über seine Beziehung zu Gott und der Kirche haben. Was wir aber haben, sind einige Partituren Bachs, die er oftmals - v.a. alle (!) seine Kantaten - mit "Soli Deo Gloria", abgekürzt "S. D. G.", unterzeichnet hat. Und allein daraus lässt sich doch soviel mehr schließen: er hat die Musik "nur Gott zu Ehren" geschrieben. Bach war der Glaube also offensichtlich sehr wichtig und dieser prägt ja gewissermaßen auch sein gesamtes Werk. Er wusste durchaus um seine Begabung und sah diese immer als ein Geschenk Gottes an.

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Beitrag von Tae Wan Kim Do Dez 03, 2015 10:12 pm

Ich habe „Johann Sebastian Bach: Leben und Zeit im Bild“ von Knispel angelesen.
Die Autorin hat die Bibel(Calov) von Bach beobachtet, in der(Geschichtsbüchern des Alten Testaments) Bach einige handschriftliche Eintragungen und Unterstreichungen selbst geschrieben hat.
z.B. Über 1.Chronik 25. Kapitel schrieb Bach eine Anmerkung an der Überschrift.
„Dieses Capitel ist das wahre Fundament aller Gott gefälligen Kirchen Music.“
, und über 1.Chronik 28, Vers 21 eine Anmerkung am Zusatztext.
„Ein herrlicher Beweis, daß neben andern Anstalten des Gottesdienstes, besonders auch die Musica von Gottes Geist durch David mit angeordnet worden.“
„Siehe da, die Ordnungen der Priester und Leviten zu allen Ämtern im Hause Gottes sind mit dir zu allem Geschäft und sind willig und weise zu allen Ämtern, dazu die Fürsten und alles Volk zu allen deinen Händeln.“ 1.Chronik, 28,21

Aus diesem Grunde schrieb Autorin, „Mit diesen vier geradezu apologetischen Anmerkungen, die jeweils eine Verbindung ›Gott–Musik‹ herstellen, offenbart Bach seine Überzeugung, daß er als Kantor keinen gewöhnlichen Beruf ausübt, sondern ein von Gott aufgegebenes Amt zu erfüllen hat.“
Ich glaube, Bach hat wahrscheinlich viel Mal die Bibel sorgfältig gelesen oder hat er in der Bibel viele theologische und musikalische Verbindung zwischen Gott und Musik gedacht.

Knispel, Claudia Maria: Johann Sebastian Bach: Leben und Zeit im Bild, Laaber 2001, S.22-23.

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Beitrag von Anne Mey Fr Dez 04, 2015 11:50 am

Wie in anderen Beiträgen bereits erwähnt, war Bach durchaus versiert im Umgang mit der heiligen Schrift. Gerade auch in Bezug auf die Matthäuspassion wird dies immer wieder deutlich. So beschreibt Wolff in seinem Kapitel über die Matthäuspassion, dass der Eingangschor bewusst aus einem "irdischen" e-moll besteht, während der Choral in einem himmlischen G-Dur erklingt. Diese Verbindung nennt Wolff eine "theologisch sinnvolle poetisch-musikalische Dialektik." (Wolff: Die "große Passion" und ihr Kontext, in: Johann Sebastian Bach, Frankfurt: 2000, S. 325)
Außerdem sagt Wolff, dass die Passion Bach die Gelegenheit gab, "seinen Vorstellungen freien Lauf zu lassen" (ebd., S. 321). Welche das sind, klingen in diesem Fall nur an, denn er sagt, dass die musikalische Form der Vermittlung des Bibeltextes untergeordnet ist. Ob Bach nun selbst überzeugter Christ war oder nicht, bleibt in diesem Fall offenWas allerdings betont werden sollte, ist dass Bach es ungeachtet seiner eigenen Überzeugungen bis heute schafft, mit seiner Musik Menschen zu berühren und in ihrem Glauben zu bestärken.

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Beitrag von Regina Fischer Fr Dez 04, 2015 2:40 pm

Auch Wolfgang Först bemüht die bereits viel zitierte Notiz J.S. Bachs "Bey einer andächtigen Musique ist allezeit Gott in seiner Gnaden=Gegenwart" (1). Das Wort "andächtig" interpretiert er als eine Beschäftigung mit Gott bzw. dem Glauben, die ein Mensch für sich selbst, also privat, unternimmt. Bach habe seine Stücke demnach sozusagen für die persönliche Religion eines Menschen komponiert, was laut Först auch auf Bachs eigenen Glauben schließen lässt. Andererseits stellt er Bachs weltliche Kompositionen als etwas zu wenig Beachtetes dar. Er kritisiert die im 19. Jahrhundert geläufige Bezeichnung als "Gelegenheitsmusik" (2). Vielmehr hätten für Bach sowohl geistliche als auch weltliche Musik dem übergeordneten Ziel der Andacht dienen. In seinem Buch nutzt Först J.S. Bach als Beispiel für einen Komponisten, der eben nicht pauschal einer der beiden Gattungen zugeordnet werden kann. Ein Grund für diese Aussage ist eben der, dass Först keine Argumente sieht, die die Überzeugungen Bachs eindeutig darstellen.
(1) Först, Wolfgang: Religion und Glaube in den kulturellen Räumen der Gesellschaft, Berlin: 2014, S.78.
zitiert nach: Walter, Meinrad: Musik-Sprache des Glaubens. Studien zum geistlichen Vokalwerk J.S. Bachs, Frankfurt am Main: 1994, S.81.
(2) Först, Wolfgang: Religion und Glaube in den kulturellen Räumen der Gesellschaft, Berlin: 2014, S.78.

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Beitrag von Carolin Franke Fr Dez 04, 2015 2:57 pm

Der Autor des Buches "Bach - wer ist das?", Hans Heinrich Eggebrecht, ist klar vom tiefen Glauben Bachs zu Gott überzeugt. Er nennt ihn einen frommen, gottgläubigen, religiösen Menschen im konkret christlichen Sinn. Als Beispiel dafür bringt er Bachs vermeintlich letzte kompositorische Handlung, die trotz Blindheit auf dem Sterbebett diktierte Erweiterung des Orgelchorals "Wenn wir in höchsten Nöthen sein", an. Anders als in der Kunst der Fuge trägt dieses Werk im Sammelband den Titel "Vor deinen Thron tret ich hiermit". Einem Aufsatz von Martin Möller zufolge ließ Bach den Titel wenige Tage vor seinem Tod ändern, unter anderem als Bitte um ein seliges Ende.
Allerdings versucht er auch einen "nüchternen historischen Blick" auf Bachs Beziehung zur Religion, die oftmals als überragend und zeitlos vorbildlich betrachtet wird, zu werfen. Dabei geht er auf vier Punkte ein:
Erstens widerlegt er die weit verbreitete Auffassung, dass Bachs religiöses musikalisches Schaffen ein Produkt innerer Berufung sei. Zweitens weist er darauf hin, dass die religiösen Texte, die den Bezug zur Religion am deutlichsten machen, oftmals nicht aus der Feder Bachs, sondern von seinen Textdichtern stammen und es nur in den seltensten Fällen erwiesen ist, dass ein Text von Bach selbst geschrieben wurde. Desweiteren geht er auf die musikalische Textausdeutung Bachs ein, die zweifelsohne eine höchst kunstvolle ist, aber ebenso gut eher als ein "barockes, [...] traditions- und zeitbedingtes Phänomen" als als Ausdruck tiefster Religiösität gesehen werden sollte. Letztlich weist er auch darauf hin, dass Religiösität von Musik immer eine subjektive Sache ist und daher nicht als allgemein gültig betrachtet werden kann.

(1) H. Eggebrecht: Religiosität, in: Bach - wer ist das? Zum Verständnis der Musik von Johann Sebastian Bach, München: 1992
(2) M. Möller: Der Choral auf dem Sterbebett - Die letzten Noten, die Johann Sebastian Bach zu Papier brachte., http://www.monarchieliga.de/index.php?title=Vor_deinen_Thron_tret'_ich_hiemit_(Aufsatz), Datum: 04.12.15

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Beitrag von Rabea Schreiber Fr Dez 04, 2015 3:22 pm

Ich habe mich mit dem Buch „Resilienz bis ins hohe Alter – was wir von Johann Sebastian Bach lernen…“ von Andreas Kruse befasst. Dort wird die Biographie von James Gaines (2008) über J.S. Bach erwähnt. In dieser steht „dass es für Johann Sebastian nur eine „Autorität“ in seinem Leben gab, die die Autorität aller staatlichen und kirchlichen Würdenträger weit überragt: Gott." Weiter schreibt er, dass den letzten und endgültigen Bezugspunkt seines Handelns Gott bilde und auch die Musik den Menschen nicht nur erbauen und ergötzen solle, sondern sie solle vor allem der Ehre Gottes dienen und die göttliche Ordnung in unserer Welt sichtbar machen. So zeigt Kruse die religiöse Bindung des Komponisten, die jedoch nicht eine kirchliche Bindung gleichzeitig bedeutet.
Kruse argumentiert, dass Bach durch die intensive Bemühung vor seinem Tod die Messe in h-Moll (BWV 232) abzuschließen und andere Kompositionen liegenzulassen, drücke seine religiöse Bindung aus. Er interpretiert die Messe als sein persönliches Glaubensbekenntnis, um sein Können symbolisch vor Gott auszulegen.

Diese Aussagen sind sehr einseitig dargestellt; der Autor bezieht sich auf eine einzelne Quelle und interpretiert diese. Dies zeigt, dass die eigentliche Frage subjektiv beantwortet werden kann, Bachs eigene Überzeugung lassen sich jedoch nicht historisch nachweisen, da er sie nicht verschriftlicht hat. So bleiben Erkenntnisse dazu nur sehr vage.

Quelle: Kruse, Andreas (2015): Resilienz bis ins hohe Alter-was wir von Johann Sebastian Bach lernen“. Springer: Wiesbaden, S. 17-18.

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Beitrag von Tetsuro Kanai Fr Dez 04, 2015 4:59 pm

"Bach - Leben und Werk" von Martin Geck
Auf der Seite 716, Kapitel "Bach als Christ" steht,

"Der lutherische Glaube ist für Bachs Schaffen von eminenter Bedeutung. Theologische Gelehrsamkeit und Frömmigkeit machen kein musikalisches Genie, können es aber leiten."
"Für die theologischen Interessen Bachs gibt es ein untrügliches Zeugnis: das Nachlaßverzeichnis seiner theologischen Bibliothek.(1006) Es führt 81 Bände auf; nach Berechnungen von Robin A. Leaver könnte die korrekte Zahl bei 112 gelegen haben. (1007) Mindestens sechs Regalmeter wären nötig gewesen, um sie aufzustellen. (1008)"

Als quelle steht,
1006 = Bach-Dokumente. Hrsg. vom Bach-Archiv Leipzig, Bd 2, Leipzig 1969 S. 494-496
1007 = Robin A. Leaver, Bachs Theologische Bibliothek, Neuhausen-Stuttgart 1983, S.18
1008 = Hans Preuß, Bachs Bibliothek, in; Festgabe  für Theodor Zahn, Leipzig 1928, S.107

"Bach Handbuch" von Konrad Küster, in diesem Buch gibt es ein Capitel,
"》Bey einer andächtigen Musique ist allezeit Gott mit seiner Gnaden Gegenwart《 Bach und die Theologie von Martin Petzoldt"
auf der Seite 82 steht
"Zu seiner Zeit war es auch für einen Klavieristen und Orgelspieler selbstverständlich, Christ zu sein und theologischen Sachverstand zu haben"

als Quelle für diesem Kapitel steht insgesamt 19 Bücher von 15 Author (Axmacher, Blume, Freyse, Ilgner,...)

So viele Bach-forscher schreibt auf seinem Buch, wie ein Christ Bach war. Man kann nicht nur von seinen musikalischen Werken sondern auch von solchen Bücher so festen  Schluss ziehen.

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Beitrag von IndraSchievink Fr Dez 04, 2015 7:30 pm

Ich hab mich mit dem Buch "Bach und ich" von Maarten 't Hart beschäftigt.
Er selbst bezieht sich auf das Buch "Spoorzoecken in de bonte wereld van geloven en denken ( Spurensuche in der bunten Welt des Glaubens und Denkens)" von B. van Gelder.
Laut van Gelder sind "Verkündigung und Evangelium die Hauptsache in Bachs Werk (Matthäus Passion), und die Musik hat lediglich eine begleitende und illistrative Bedeutung. Für die Hörer der Matthäus-Passion gehe es dabei um das persönlihce Nacherleben des Leidens und Sterbens Christi. Bachs Absicht sei alleine die Verkündigung der Gnade gewesen".
Er selber setzt damit Anzeichen, dass Bach nicht des Glaubens wegen die Matthäus-Passion geschrieben hat.
Maarten selber stellt sich die Frage: "War Bach ein Verkünder? War er tief gläubig? Kann die Matthäus-Passion nur von einem Gläubigen verstanden werden?"
Er selber geht davon aus, dass Bach gläubig war. Dies lässt sich aber schwer feststellen.
Maarten bezieht sich noch auf Hans Besch in seinem Buch "Johann Sebastian Bach. Frömmigkeit und Glaube": "Wer in der Biographie Bachs [...] nach Äußerungen seiner Frömmigkeit und seines Glaubens sucht, wird feststellen müssen: Die Biographie Bachs schweigt, wenn auch nicht ganz, so doch weithin über das Wichtigste."
In den persönlichen Briefen, die von Bach erhalten geblieben sind, findet man keinerlei Äußerung über seine Auffassung des Evangeliums.

Quelle:´t Hart, Maarten (2005): Bach und ich, Piper: München, Abschnitt 7 die ersten beiden Seiten.

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Beitrag von mariyaz Fr Dez 04, 2015 7:45 pm

Aus meiner Recherche geht hervor, dass man aus den wenigen erhaltenen Quellen, einiges über Bach’s Glaube und Überzeugung deuten kann. „Bach zählte ohne Zweifel „zu den theologisch gebildeten seiner Zeit““(a), für Musiker stand diese Bildung außer Frage(c). Er strebte schon früh (mit 17 Jahren) ein Kirchenamt an (d).
Weiter kann man deuten:  „Bach zeigte sich in den Intentionen der Reformtheologie seiner Zeit gegenüber, (...) ,sehr aufgeschlossen“ (a). Außerdem fühlte sich Bach „(...)als Auftragnehmer von höchster Stelle“(e), denn „daß Bach dies Aufgabe gewählt und erfüllt hat, zeigt, wie sehr er Diener am Evangelium war; verbale Bekenntnisse sind dabei eher nebensächlich“ (f). („theologische“ (f) Annäherungen)
Es gibt durchaus auch Wissenschaftler die eine gewisse „Ferne Bachs zur Kirche“(c) und „Distanz zum Amt“(f) scheinen festgestellt zu haben. („(theologiekritisch-)musikwissenschaftliche“(f) Annäherung)

Eine Brücke zwischen den zwei oben erwähnten Annäherungen versucht Quelle „(f)“ zu bauen (Was auch im Lexikon Quelle (b) zu finden ist), denn „Der Gegensatz zwischen geistlich und weltlich existierte für Bach nicht“(b), in dem Sinne das Bach beides zu einer „Einheit“ (f) verschmitzt, er lässt somit geltende Konventionen hinter sich (f).

Wie man erkennen kann, „der schwierigste Punkt ist, (sich) wissenschaftlich der Frömmlichkeit und dem Glauben Bach’s zu nähern“ (f). Ein Hauptgrund dafür liegt vor allem darin, dass zwar viele Werke Bachs erhalten sind, jedoch sehr wenig über seine Person überliefert wurde (d). Ein Großteil der Wissenschaftler/Autoren zeihen ihre Deutungen aus der erhaltenen Bach-Bibliothek (a + c), jedoch ist es schwierig anhand von Büchern auf eine Person zu schließen.

Was nun letztendlich den Glauben Bach ausmachte bleibt weiterhin deutungsabhängig.

Quellen

(a) Haselböck, Lucia. 1989. Du hast mir mein Herz genommen: Sinnbilder und Mystik im
             Vokalwerk von Johann Sebastian Bach. Wien. Herder.

(b) Kolneder, Walter. 1982. Lübbes Bach-Lexikon. Bergisch Gladbach. Lübbe.

(c) Küster, Konrad [Hrsg.]. 1999. Bach-Handbuch. Kassel (u.a.). Bärenreiter (u.a.).

(d) Petzoldt, Martin; Petri, Joachim. 1988. Johann Sebastian Bach: Ehre sei dir Gott gesungen ; Bilder und Texte zu Bachs Leben als Christ und seinem Wirken für die Kirche. Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht.

(e) Rueger, Christoph. 1989. Johann Sebastian Bach: eine Biographie. Frankfurt am Main. Fischer-Taschenbuch-Verl..

(f) Walter, Meinrad. 1994.  Musik - Sprache des Glaubens : zum geistlichen Vokalwerk Johann Sebastian Bachs. (1. Auflage). Frankfurt am Main. Knecht.

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Beitrag von Charlene Jakob Fr Dez 04, 2015 8:49 pm

Bach scheint nach meinen bisherigen Erkenntnissen ein recht religiöser Mensch gewesen zu sein.
Christoph Wolff beschreibt, dass im damaligen "lutherischen Deutschland" (S.27) der Schwerpunkt des Unterrichts an den deutschen Schulen und Lateinschulen neben Grammatik und Arithmetik vor allem auf der Unterweisung in Theologie lag.(1) Weiter stellt er die Behauptung auf, dass die Reformgedanken (Religion und naturwissenschaftliche Erkenntnisse schließen sich nicht gegenseitig aus) von Jan Amos Comenius und Andreas Reyher einen "starken Einfluß" (S.28) auf die frühe Schulzeit Bachs gehabt habe.(2) Auch stellt Wolff Bachs "unabhängigen Geist" (S.45) fest, der ihm zeitlebens als "einer seiner hervorstechendsten Charakterzüge" (S.45) erhalten geblieben sei.(3) Auch wenn Wolff hier nicht direkt auf die Religiosität Bachs anspricht, so finde ich diese Aussage doch bemerkenswert, da sie, nach meiner Auffassung, einen freidenkenden und entscheidenden Menschen charakterisiert, der auch dazu im Stande ist, in religiösen Belangen seine Stellung zu beziehen.
Wolff bezieht sich, bei den von mir ausgewählten Stellen, vor allem auf biographische Angaben/Ereignisse/Verhältnisse Bachs (z.B. Schulbesuch, Bachs Entscheidung in jungen Jahren nach Lüneburg zu ziehen etc.).
Die Lektüre von Frau Knispels Kapitel über Bachs "Philosophie und Religion" eröffnete mir auch neue Erkenntnisse über diesen Komponisten. Bach habe drei Bibeln besessen, von denen eine die Zeit überdauert hätte (woher ihr bekannt ist, dass drei Bibeln in seinem Besitz gewesen waren, erschloss sich mir leider nicht). In dieser einen Bibel machte sie an handschriftlichen Anmerkungen Bachs am Rand des Bibeltextes seine religiöse Auffassung seines Kantorenamtes fest.(4) Sie weist ihn als religiös gebildeten Menschen aus, der bibelkundig war(5) und zahlreiche theologische Schriften besaß.(6) Weiterhin stellt sie Bach als dem Rationalismus nahestehend dar, indem sie angibt, dass Bach 1747 der Sozietät der musikalischen Wissenschaften beitrat, dessen Begründer Lorenz Christoph Mizler Schüler von Christian Wolff war, einem der Vorreiter des Rationalismus, dessen Auffassung von Welt und Gott nicht mehr nur theologisch, sondern auch philosophisch geprägt war.(7)
Vertritt man nun die Auffassung, dass "Gottesdienst" sowohl Dienst des Menschen für Gott, als auch Dienst Gottes an dem Menschen heißt, so mag man Herrn Schweitzer recht geben, wenn er sagt: "Musik ist für ihn Gottesdienst. […] Kunst war für ihn Religion. Darum hatte sie nichts mit der Welt und nicht mit dem Erfolg in der Welt zu tun. Sie war Selbstzweck."(Cool Herr Schweitzer gründet das frömmige Bild Bachs auf dessen Notizen in diversen Notensammlungen oder Diktionen in seinem Unterricht. So schreibt Schweitzer: "Das >>Orgelbüchlein<<, die Sammlung kleiner Choralvorspiele, die Bach in Cöthen anlegte, ist mit folgendem Spruch geziert:
Dem höchsten Gott allein zu Ehren,
Dem Nächsten draus sich zu belehren."
(9)
Auch habe er über die ersten Klavierstücke, die er seinem ersten Sohn aufgab In Nomina Jesu geschrieben.(10) Stutzig wurde ich, als Schweitzer Bach als Mystiker bezeichnete, dem es in jeder Situation danach gelüstet hätte von Entrückung vom Irdischen zu komponieren. "Sein ganzes Denken war von einem wunderbaren, heiteren Todessehnen verklärt. Immer wieder, so oft es der Text nur einigermaßen gestattet, kommt er in seiner Musik auf dieses Sehnen zu reden, und nie ist die Sprache seiner Töne ergreifend, wie gerade in den Kantaten, in denen er die Erlösung vom Leibe dieses Todes predigt."(S.147)(11) Einer seiner letzten Sätze in diesem Kapitel ist folgender: "Das ist die Religion Bachs, wie sie in den Kantaten erscheint."(S.147) Er schreibt noch, dass Bachs Leben, das von außen betrachtet durch Unstimmigkeiten etc. geprägt erschiene, in Wahrheit friedlich und heiter gewesen sei.(12)

Nach dem Lesen dieser drei Autoren gehe ich schon davon aus, dass Bach sowohl ein religiös gebildeter wie auch ein religiöser Mensch war. Allerdings wurde, durch das Lesen von Herrn Schweitzers Meinungen, mein Bild von Bach als einem religiösen und doch hinterfragenden (sowohl Kirche, als auch Glauben) Menschen etwas verunsichert. Allerdings bin ich mir nicht sicher, wie ernst man diese Aussagen wirklich nehmen sollte.

(1) Wolff, Christoph: Johann Sebastian Bach, Frankfurt am Main 2000, S.27-28.
(2) s.o., S.28.
(3) s.o., S.45.
(4) Knispel, Claudia Maria: Philosophie und Religion, in: Johann Sebastian Bach - Leben und Zeit im Bild, Landshut 2001, S.23.
(5) s.o., S.22.
(6) s.o., S.23.
(7) s.o., S.24.
(Cool Schweitzer, Albert: J. S. Bach, Wiesbaden 1972, S.145.
(9) s.o., S.145.
(10) s.o., S.145.
(11) s.o., S.147.
(12) s.o., S.147.

Charlene Jakob

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Beitrag von Jaqueline Lang Sa Dez 05, 2015 10:58 am

Bei der Recherche stieß ich auf folgende Zitate:

"Endlich soll auch die Endursache aller Musik und also auch des Generalbasses seyn nichts anderes als nur Gottes Ehre und Recreation des Gemüths; wo dies nicht in Acht genommen ist, das ist keine recht eigentliche Musik." (Johann Sebastian Bach)

"Mit aller Musik soll Gott geehrt und die Menschen erfreut werden. Wenn man Gott mit seiner Musik nicht ehrt, ist die Musik nur ein teuflischer Lärm und Krach." (Johann Sebastian Bach)

J.S. Bach war ein tiefgläubiger Mensch. Er vermittelt den Zuhörern mit seiner Musik seinen Glauben und seine Überzeugungen, wobei der Adressat nicht in erste Linie die Gemeinde war, sondern Gott. Bach vertonte somit nicht bloß irgendwelche geistlichen Texte, sondern stand mit seinem Leben und Werken voll dahinter. Aus den Worten, die er an den Widmungsträger der Brandenburgischen Konzerte richtete, wird deutlich dass er seine musikalische Begabung Gott zu verdanken hat und dementsprechend setzt er sie auch ein, allein zur Gottes Verherrlichung und zur Erbauung der Seelen.

Meine Recherchen stützen sich auf:
Reinartz, Burkhard "Zur Ehre Gottes und Recreation des Gemüths" , in: http://www.deutschlandfunk.de/johann-sebastian-bach-zur-ehre-gottes-und-recreation-des.886.de.html?dram:article_id=271897 [13.12.2013], zuletzt geprüft: 5.12.2015, 10:50
und
Günther Zedler (2011) "Die Kantaten von Johann Sebastian Bach - Eine Einführung in die Werkgattung".

Jaqueline Lang

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Beitrag von AlexandraJu Sa Dez 05, 2015 4:16 pm

Bachs Glaube und Religiosität ist nur schwer durch wissenschaftliche Untersuchungen und Fakten zu begründen oder sogar zu beweisen. Wir finden in vielen seiner Werke Bibelstellen, jedoch sagt dieses nur wenig über seine eigene Vorstellung und Einstellung zum Glauben aus. Mehrere Wissenschaftler haben sich daher daran versucht, Bachs Werke und Hinterlassenschaften (wie Briefe und seine Bibliothek) auf ihn als einzelne Person und sein Wissen und Denken zu übertragen. Je nachdem welchen Hintergrund diese Menschen haben und in welchem Kontext sie gelebt und geforscht haben, finden wir Quellen in denen einerseits von der Frömmigkeit Bachs ausgegangen wird. Ihrer Meinung nach kann ohne diese Frömmigkeit keine derartige Musik entstanden sein. Andererseits finden wir Texte in denen das Gegenteil behauptet wird, indem keine historischen Hinterlassenschaften darauf hindeuten dass Bach seine Werke, in denen oft der Text nicht von ihm stammt, sein Schaffen nur als Job und Arbeit gesehen haben soll.
Neben den schon genannten und bekanntesten Autoren zu diesem Thema, wie z.B.: Besch, Walter, Küster, Knispel, Spitta, Schweizer, Wolff oder Eggebrecht, fand ich weitere Literatur deren Ansichten zu diesem Thema ich recht interessant fand.
Harry Hahn versucht sich der Matthäuspassion auf eine andere Art und Weise zu nähern und diese mit Zahlen, z.B. durch die Anzahl der Takte, Töne und Motive, Formen, architektonischem Aufbau,  mathematisch zu Nähern und diese Zahlen in eine Beziehung zur Bibel zu sehen. Seiner Meinung nach lassen sich, „soweit sie das Werk Bachs betrifft, jeweils eine Form-, eine Zeichen-, und eine Zahlensymbolik unterscheiden […].” (1) Er ordnet die Zahlen den verschiedenen Buchstaben zu, sowie er durch die Zahlen dann wiederum einzeln auf unterschiedliche Psalmen, Verse und biblische Zusammenhänge verweist. Die Zahl 1 bedeutet hier Unitas (Ur-Da-Sein). Auch das Wort Bach ist immer wiederfinden und ist durch die Zahl 14  B(=2), A (=1), C (=3), H (=Cool = 14. (S.6) vertreten.  
Manche Theologen begründen Bachs Frömmigkeit ausgehend von seiner Musik, die er für den Gottesdienst und die Kirche geschriebene hat. Manfred Mezger meint dazu jedoch: „Die Rede vom Glauben in Bachs Kirchenmusik kann nicht meinen, der Glaube sei etwas in dieser Musik Aufweisbares.“ (2) Es ist jedoch auch selten, dass Kenner der luterischen Theologie auch Musikwissenschaftler oder sogar Bachforscher waren. Hier überschneiden sich oft Interessen und Ansichten.
Robin Leaver beschäftigt sich mit den Hinterlassenschaften von Bach und versucht dadurch einen besseren Einblick zu bekommen, inwieweit Bach Zugang zu bestimmten Wissen hatte und diese Bücher ihn und seine Einstellung geprägt haben könnte. Um von diesem geistigen Stand Bachs wiederum auf seine Werke und seine Einstellung zu schließen. Er regt jedoch auch an, „obgleich die Bibliothek der Ausdruck des Interesses des Thomaskantors an Theologie ist, war sie nichtsdestoweniger in hohem Maße eine Arbeitsbibliothek.“ Damit sagt er wie schon einige vor ihm auch, dass Bach das Wissen vorwiegend zur Arbeit gebraucht hat und nicht unbedingt aus eigenem Interesse bestimmte Bücher gelesen hat.
Hermann Keller ist der Meinung, dass überkommenen Lebenszeugnisse Bachs uns fast nichts über seine Frömmigkeit aussagen. Er fasst die Positionen zusammen und sagt, dass es „heute zwei Auffassungen einander scharf gegenüberstehen: die eine sieht Bach als einen Musiker, der den ihm gegebenen in diesem Falle christlichen Stoff verarbeitet und in der Musik sublimiert (d. h. aufgelöst!) habe, die andere sieht als Bachs Wesen "Frömmigkeit schlechthin" und zwar die geschichtlich bedingte Frömmigkeit des Luthertums seiner Zeit.“ (4)
Es gibt also einige Forscher, die sich von unterschiedlicher Herkunft her dem Thema nähern und versuchen die einzelnen Punkte unterschiedlich zu beleuchten. Festzuhalten ist jedoch, dass es  nicht einfach ist und Fakten teilweise auch Widersprüchlich ausgelegt werden können. Daher komme ich zu dem Schluss, dass das eigentliche Denken, also die Frömmigkeit und der Glaube Bachs sein eigenes Geheimnis ist und bleibt.




(1) Hahn, Harry, Die „unbekannte“ Matthäus-Passion, Selbstverlag des Verfassers, Hamburg. 1977. S.5.

(2) Manfred Mezger, Botschaft und Glaube in Johann Sebastian Bachs Kirchenmusik, Möseler Verlag Wolfenbüttel und Zürich, 1964. S.10.

(3) Leaver, Robin, Bachs Theologische Bibliothek: Eine kritische Bibliographie, Hänssler-Verlag, Neuhausen-Stuttgart. 1983. S. 20.

(4)Keller, Hermann, Württembergische Blätter für Kirchenmusik,13. Jahrgang Nr. 2, 1939.

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Beitrag von fabiankrämer Sa Dez 05, 2015 10:13 pm

Um noch eine andere Perspektive als die der detaillierten Bach-Biografien zu beleuchten, habe ich im "Großen Lexikon der Musik" (Honegger/Massenkeil) nachgelesen. Dort ist von der Bedeutung der Kirche für Bach kaum etwas zu lesen. Auch das ist ja durchaus eine Aussage, denn der Autor ist offensichtlich nicht der Ansicht, dass Bach in seinem Schaffen von tiefem Glauben "angetrieben" worden sei. Vielmehr unterstellt er Bach einen eher pragmatischen Umgang mit dem Arbeitgeber Kirche, wenn er schreibt: "Das orthodoxe Luthertum Mitteldeutschlands [...] bot seiner angeborenen Begabung für ernste, geistliche Musik einen sicheren Rückhalt. Die musikliebebden Fürstenhof [...] sorgten für die nötige Ergänzung."

Quelle: G. von Dadelsen: Artikel "J. S. Bach" in Honegger/Massenkeil (Hrsg.): "Das große Lexikon der Musik", Herder Freiburg, 1976

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Beitrag von GiovaniBiga So Dez 06, 2015 1:50 pm

Auf der Grundlage dieser Quellen:

-Birger Petersen-Mikkelsen: Praedicatio sonora. Musik und Theologie bei Johann Sebastian Bach. Selbstverlag, Eutin 2003, ISBN 3-8311-4465-6, S. 45–60: S. 47 mit Anm. 5.

-Hans Besch: Johann Sebastian Bach: Frömmigkeit und Glaube. Bertelsmann, Gütersloh 1938.

-Robin A. Leaver: Bachs theologische Bibliothek. Hänssler, Neuhausen-Stuttgart 1983.

-Thomas Wilhelmi: Bachs Bibliothek. Eine Weiterführung der Arbeit von Hans Preuß. In: Bach-Jahrbuch. Jg. 65, 1979, S. 107–129. In: Reinhard Szeskus (Hrsg.): Bach und die Aufklärung. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1982, S. 66–107.

Bachs Musik gilt heute als Gipfelpunkt der lutherischen Kirchenmusik und als „musikalischer Ausdruck der Reformation“. Der schwedische Bischof Nathan Söderblom ging 1929 so weit, seine Musik als „fünftes Evangelium“ zu bezeichnen. Von Bach selbst sind nur sehr wenige Selbstzeugnisse über seine religiösen Auffassungen überliefert. Unter den 52 theologischen Büchern und Erbauungsschriften in 81 Bänden aus seinem Nachlass befanden sich die Werke Martin Luthers, die Schriften orthodox-lutherischer Theologen wie Abraham Calov (mit handschriftlichen Vermerken Bachs), Johannes Olearius, Heinrich Müller, August Pfeiffer, Erdmann Neumeister, aber auch Schriften der Pietisten Philipp Jacob Spener (Eyfer wider das Papstthum) und Johann Jakob Rambach (Betrachtung über die Thränen Jesu). Nach Bachs Auffassung hatte Musik zwei wesentliche Zwecke: „und soll wie aller Music […] Finis und End Ursache anders nicht, als nur zu Gottes Ehre und Recreation des Gemüths seyn“.Seine Bitte um Entlassung aus dem Dienst in Mühlhausen begründete Bach am 26. Juni 1708 mit dem Hinweis auf seinen „Endzweck, nemlich eine regulirte kirchen music zu Gottes Ehren“.Diese umfassende lutherische Kirchenmusik, die einen entsprechenden Aufführungsapparat voraussetzte, konnte er schließlich in Leipzig mit der Komposition von mehreren vollständigen Kantatenjahrgängen verwirklichen.

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Beitrag von ergunsumeyye So Dez 06, 2015 8:01 pm

-Friedrich von Haus Egger, tarihinin bağlamında - Johann Sebastian Bach müziği. ABOD 2006 Audiobook ISBN 3-8341-0171-0.
-Christoph Wolff, Johann Sebastian Bach, 2. baskı. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007 duyuyorum ISBN 978-3-596-16739-5.

Bachs überlieferte Briefe und Äußerungen, seine hinterlassenen Bücher, vor allem aber sein Werk bezeugen seine tiefe Verwurzelung in Bibel und lutherischem Katechismus und seinen kirchlich und liturgisch akzentuierten Glauben. Im Vorwort seiner Unterweisung im Generalbassspiel schreibt er: Und soll ... aller Musik ... Finis und Endursache anders nicht als nur zu Gottes Ehre und Rekreation des Gemüts sein. Wo dieses nicht in Acht genommen wird, da ist‘s keine eigentliche Musik, sondern ein teuflisches Geplärr und Geleier.
Seit Martin Luther alles Gewicht auf die Verkündigung des Gottesworts gelegt hatte, verstanden sich lutherische Kirchenmusiker als Prediger, und Wortausdeutung war das letzte Ziel ihrer Musik. Das gilt auch und in überragender Weise von Bach. Zu den Gipfelpunkten dieses Bemühens gehören seine Kantatenjahrgänge, das Weihnachtsoratorium und die Matthäus-, Lukas und Johannespassion.
Neben der von Gott zum Menschen absteigenden Perspektive (Verkündigung) stand sein Musizieren zugleich unter dem vom Menschen zu Gott aufsteigenden Symbol des Lobopfers. In der innerlutherischen Auseinandersetzung seiner Zeit zwischen der lehr- und sakramentbetonten Orthodoxie einerseits und dem aufkommenden Pietismus mit seinem Streben nach Innerlichkeit und frommer Gemeinschaft andererseits stand er, wie seine Freundschaftsbeziehungen und die Auseinandersetzungen an seinen Dienstorten zeigen, klar auf Seiten der Orthodoxie. Nur deren Gottesdienstverständnis bot Raum für groß angelegte und anspruchsvolle Musik. Von hier speiste sich sein Selbstverständnis als Schöpfer einer regulierten, d.h. in den Rhythmus des kirchlichen Jahres eingebundenen gottesdienstlichen Musik und seine Selbstlegitimation durch biblische Vorbilder wie David und die Liturgie der Engel vor Gottes Thron. Doch sind die von ihm vertonten Texte und seine dadurch inspirierte Musik zugleich durchdrungen von "pietistischer" Gefühlstiefe und einer damals modernen, subjektbetonten Sprache. Innigste Töne fand er regelmäßig für den Ausdruck von Todes- und Himmelssehnsucht.

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Beitrag von Max Gundermann Mo Dez 07, 2015 12:31 am

Der Bachbiograph Walther Siegmund-Schultze schreibt Bach eine Nähe zum Pietismus zu. Bach habe "den Glaube über alles Formelwesen gestellt". (1) Weitherhin beschreibt der Autor ein Dilemma Bachs, welches ihm zu seiner Zeit in Mühlhausen (um 1708), wo ein Glaubensstreit zwischen Orthodoxie und Pietismus aufgeflammt war, widerfuhr: "Er fühlte sich von den starken Gefühlswerten der pietistischen Lehre, die ja das starre protestantische Dogma nach Maßgabe individueller Gläubigkeit überwinden wollte und in manchem dem bürgerlichen Emanzipationsbestreben entsprach, sehr angezogen; andererseits war der Pietismus gegen eine stärkere Mitwirkung der Musik, insbesondere der Instrumentalmusik, im Gottesdienst, auf die Bach natürlich nicht verzichten wollte." (2). Der Autor argumentiert, dass dies einer der Gründe für Bachs Entlassungsgesuch (25. Juni 1708) gewesen sein könnte. Weiterhin schreibt W.S-S dass Bach, im Gegensatz zu seinen vorherigen Stationen in Arnstadt und Lüneburg, wo die musikalische Ausbildung im Mittelpunkt stand, hingegen in Mühlhausen "sein Blickfeld sehr geweitet habe, vor allem durch das Studium theologischer Literatur ". Und weiter: "wahrscheinloch hat sich Bach hier auch den Stamm seiner Bücherei angelegt, in der stets Luther-Ausgaben bzw. die Bibelexegese dominierten, aber auch Streitschriften und pietistische Bücher eine Rolle spielten" (3)
Der Autor schreibt weiter, Bach habe bei der Textauswahl seiner Vokalwerke solche gesucht, "die das kraftvolle Luthersche Wort mit der leidenschaftlichen Inbrunst und Schwärmerei mytischer und pietistischer Überlieferunge verbanden .... (.) .... Die Humanisierung der Christusgestalt musste dabei stetst im Mittelpunkt stehen". (4)
Zusammenfassend kann man sagen, dass der Autor zum einen überliefertes "Inventar", wie den Bücherbestand, als auch Briefe Bachs, zum anderen die Auswahl seiner Texte in den Vokalwerken für seine Argementation nutzt.





(1) Walter Siegmund-Schultze. Johann Sebastian Bach , 1976, Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, S. 34
(2) Walter Siegmund-Schultze. Johann Sebastian Bach , 1976, Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, S. 36
(3) Walter Siegmund-Schultze. Johann Sebastian Bach , 1976, Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, S. 39
(3) Walter Siegmund-Schultze. Johann Sebastian Bach , 1976, Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, S. 39

Max Gundermann

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Beitrag von Kai Brandebusemeyer Do Dez 10, 2015 6:36 pm

Da von Bach kaum persönlichen schriftlichen Glaubensbekenntnisse überliefert sind,
hängt sich die Frage nach nach religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen weitestgehend an seinem beruflichen und künstlerischen Schaffen auf. Im vergangenen Jahrhundert hingegen wurden auch viele Rückschlüsse auf Bachs Religiosität gezogen, weil man an die Liste seines Bibliotheksbestands gelangte.
Viele Rückschlüsse dieser Zeit verklärten Bach von daher als historisch-romantisiertes Beispiel eines von Gott inspirierten und beauftragten Musikers, ein ganzer theologischer Zweig der Bach-Forschung bildete sich1.

Weder Bachs Textwahl in Kantaten und Motetten, noch Bücher oder oder anderes weist dabei auf das Wie und Warum seines Glaubens hin. Einzig allein können wir wohl davon ausgehen, dass im Rahmen seines Kantor-Berufes der Glauben eine Vorraussetzung war. Nicht zuletzt hatte Bach weitestgehend kirchlich geprägte Bildung genossen, was zu dieser Zeit nicht ungewöhnlich war. Frecher noch könnten wir behaupten, dass fast alles nur auf Bachs Wissen um gute Kirchenmusik und theologische Richtigkeit hinweist, keinesfalls auf seinen Glauben2.

So ist das Erlangen von Wissen um diese Frage wohl eher eine diskursive Angelegenheit und nur selten eine, die von wirklichen Quellen aus erster Hand ausgehen kann. Neben der Calov-Bibel mit persönlichen Eintragungen sind dies z.B. auch die Eintragungen eines Chorals in das Manuskript der Kunst der Fuge im Wissen um sein baldiges Ableben.

Bachs Religiosität ist wohl zweifelsohne nachgewiesen,
aber ein Rückschluss auf ein geschlossenes Weltbild ergibt sich nicht.



1. Vgl. Blankenburg, Walter: "Johann Sebastian Bach und die Aufklärung". in: Blankenburg, Walter (Hg.): Johann Sebastian Bach. Darmstadt 1970, S. 100ff.
2. Eggebrecht, Hans Heinrich: Bach - Wer ist das? München u. Mainz 1992, S. 163ff.

Kai Brandebusemeyer

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